Programm-Macher erklären FestivalKölner c/o pop startet – was ist neu und im Trend?

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Musiker wavvyboi, tritt bei der c/o pop 2024 auf

Musiker wavvyboi, tritt bei der c/o pop 2024 auf

Am Mittwoch (24.4. 2024) beginnt die 21. Ausgabe der c/o pop. Wir sprachen mit den jungen Programm-Machern des Festivals.

Die c/o pop ist das dienstälteste Musikfestival seiner Art – und zugleich das jüngste. In den vergangenen Jahren hat sich die c/o pop konsequent auf die Generation Z als Zielpublikum ausgerichtet. Menschen, die noch im alten Jahrtausend geboren sind, werden sich schwertun, mehr als einen der Acts, die in den nächsten Tagen in Ehrenfeld auftreten, zu identifizieren. Trotzdem sind fast alle Veranstaltungen ausverkauft. Am Mittwochabend beginnt die 21. Ausgabe des Festivals. Wie findet man die Künstlerinnen und Künstler, die noch kaum jemand kennt, aber deren Potenzial enorm ist? Wir haben bei den beiden Programm-Managern Christoph Heide (26) und Pia Leonhardt (28) nachgefragt.

Er gelange auf verschiedensten Wegen zu den Acts, sagt Heide, verantwortlich für den musikalischen Teil der c/o pop: „Es muss zucken. Die Musik muss mir gefallen. Es muss auch visuell stimmig umgesetzt sein, als Gesamtpaket. Dann gucke ich, was bei diesem Act passiert. Kommt der aus Hamburg, schaue ich, wie der in der Hamburger Szene angenommen wurde. Brodelt es schon in der Stadt? Hat der Act bereits auf einem überregionalen Festival gespielt? War er Support auf einer Tour? Gibt es ein Management oder eine Booking Agentur?“

Wie findet man die Acts, die noch kaum jemand kennt, aber deren Potenzial enorm ist?

Er bekomme pro Jahr circa 3000 Mails mit Vorschlägen von Acts, die auf der c/o pop spielen wollen, schätzt Heide. Bestenfalls habe er die Künstlerin oder den Künstler schon entdeckt, bevor er angeschrieben wird. Manchmal sei es auch einfach das Bauchgefühl, dass in den Monaten bis zur c/o pop bei diesem Act noch etwas passieren wird.

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Pia Leonhardt ist für die „Experiences“ zuständig, die nichtmusikalischen Höhepunkte des Festivals, schließlich wird der Popkultur-Begriff heute sehr viel weiter gefasst als noch vor ein paar Jahren. „Wir versuchen, kleine Überraschungen ins Festival-Line-up zu integrieren“, sagt Leonhardt. „Sachen, die die Leute vielleicht nicht erwarten. Das kann der Live-Podcast von Hotz & Houmsi sein, eine Pyjamaparty im Artheater, Activities wie Baggerfahren oder ein Tanzworkshop.“ Dazu kommen verschiedene Performances, in der aktuellen Ausgabe – zum Beispiel die Drag Syndrome Show, das „weltweit einzigartige Kollektiv aus Drag Queens und Kings mit Down-Syndrom“, wie es im Programm heißt. Queeren Menschen mehr Sichtbarkeit zu geben, sei ein wichtiger Fokus des Festivals.

Chris Heide, Booking Manager Music bei der c/o pop

Christoph Heide, Booking Manager Music bei der c/o pop

Aber wie und wo stößt man auf solche Preziosen fürs Programm? Sie halte immer und überall die Augen offen, sagt Pia Leonhardt: „Was machen MusikerInnen noch so? Was haben die für Hobbys? Welche Themen sind gerade Popkultur-relevant? Ich rede auch mit den jüngeren Geschwistern von Freunden: Was hören die gerade für Musik, was gucken die sich auf Tiktok an, zu welchen Events gehen die?“ Irgendwann bekomme man ein Gefühl dafür, was davon auf der c/o pop funktionieren könnte. Das Festival hat es sich zur Aufgabe gemacht, das abzubilden, was – so Leonhardt – junge Leute gerade wirklich interessiert. Man will Trends erspüren, ohne ihnen hinterherzulaufen.

Pia Leonhardt, Booking Manager Experience bei der c/o pop

Pia Leonhardt, Booking Manager Experience bei der c/o pop

„In den letzten Jahren gibt es beim jungen Publikum eine Fokussierung auf Themen wie die ‚Neue neue deutsche Welle‘, auf Hyperpop, Rave und New Wave“, führt Christoph Heide aus. Auch das Thema Urban – also von schwarzen Genres wie Soul oder Hip-Hop beeinflusste Musik – sei weiterhin wichtig. „Aber das schließt nicht aus, dass wir auch noch fantastische Indiebands buchen.“ Als Hyperpop bezeichnet man ein Genre, das Subversion durch Überspitzung der Warenförmigkeit und Künstlichkeit von Pop betreibt.

Wie so ein Auswahlprozess konkret vonstattengeht, schildert Christoph Heide am Beispiel des Stuttgarter Multitalentes TYM: „Den hatte ich schon seit eineinhalb Jahren verfolgt, fand ihn auch gut, aber dachte, dass er nicht zu unserer Zielgruppe passt. Dann habe ich gemerkt, dass er seinen Sound immer mehr in Richtung Hip-Hop, New Wave und Hyperpop verändert hat. Dadurch habe ich einen neuen Zugang zu ihm bekommen. Dazu kam noch, dass sein Umfeld – die KünstlerInnen, mit denen er Features macht, oder mit denen er auf Social Media unterwegs ist – auch zur c/o pop passte und dass auch sein neues Booking Team Acts betreut, die genau in unsere Welt passen.“ In unregelmäßigen Abständen befragt das c/o-pop-Team Fokusgruppen von Unter-Zwanzigjährigen.

Gerade erst hätten ihm dabei zwei Jugendliche, 16 und 17, bestätigt, dass sie wavvyboy und TYM gut finden. „Aber die erzählen uns auch von ganz anderen Acts, die wir vielleicht gar nicht kennen und dadurch geht noch mal eine ganz neue Welt auf.“ Weshalb, ergänzt Pia Leonhardt, die c/o pop immer flexibel bleiben und sich beständig weiterentwickeln müsse.

Wer die Veranstaltungen des Festivals besucht, versteht sofort, dass hier wichtige gesellschaftliche Arbeit geleistet wird. Gerade unter den jungen Menschen, die durch die Pandemie zwei, drei Jahre lang keine Konzerte erleben konnten, gebe es eine unfassbare Live-Freude, sagt Christoph Heide. „Man erlebt etwas zusammen mit seinen FreundInnen oder in einer Community, sammelt neue Erfahrungen. Da schaust Du in strahlende Gesichter.“

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